Saarbrücker Psychologe: Urteil wegen Kindesmissbrauchs nun rechtskräftig
+++ Update 13. Juli 2021: Das Urteil (vier Jahre und drei Monate Freiheitsstrafe) gegen den Saarbrücker Psychologen Walter P. wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern ist nun rechtskräftig. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Revision als unbegründet verworfen. Des Weiteren ist ihm untersagt, fünf Jahre lang psychotherapeutisch mit männlichen Kindern unter 14 Jahren zu arbeiten. +++
30. März 2021
Revision nach Missbrauchsurteil gegen Saarbrücker Therapeuten: Verteidiger fordert Haftentlassung
Nach der Verurteilung des Saarbrücker Psychotherapeuten Walter P. wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes hat dessen Verteidiger Revision eingereicht.
Von Michi Jo Standl
Saarbrücken. Nach dem Urteil gegen den Saarbrücker Psychotherapeuten Walter P. (74) hat dessen Verteidiger Lars Nozar Revision eingereicht. P. ist im Dezember von der Jugendkammer II des Landgerichtes Saarbrücken wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt worden. Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass P. 2005 und 2006 das damals acht Jahre alte Opfer missbraucht hatte. Der inzwischen 23-Jährige war damals bei dem Therapeuten in Langzeittherapie. Nozar fordert die Aufhebung des Urteils und die Neuverhandlung vor einer anderen Kammer des Landgerichtes sowie die Aufhebung des Haftbefehls.
Ist P. verhandlungs- und haftunfähig?
Im Wesentlichen rügt Nozar in der Revisionsbegründung das Gericht, trotz psychischer und körperlicher Verhandlungsunfähigkeit seines Mandanten den Prozess fortgesetzt zu haben. Dabei beruft sich der Rechtsanwalt auf eine Stellungnahme der Oberärztin einer Privatklinik in Bayern und auf ein Attest eines Saarbrücker Psychiaters. Die Ärzte zweifeln auch die Haftfähigkeit des Beschuldigten an. In der Privatklinik ist P. im September festgenommen worden, nachdem er nicht zum Prozessauftakt erschienen war.
Zu den Vorwürfen gegen ihn hatte sich der Angeklagte während des gesamten Prozesses nicht geäußert. Nozar weist darauf hin, dass er den Eindruck gehabt habe, dass sein Mandant zwar körperlich, aber nicht geistig anwesend sei.
Wie lückenhaft dürfen die Aussagen eines damals Achtjährigen sein?
Des weiteren erinnert Nozar das Gericht, dass sich das Opfer nicht mehr an Einzelheiten erinnern könne. Er macht die mutmaßliche Unglaubwürdigkeit des Opfers an der Aussage der psychiatrischen Sachverständige Prof. Petra Retz-Junginger fest. Diese geht davon aus, dass die „Aussagefragmente“ des Opfers nicht ausreichten, um mit hoher Wahrscheinlichkeit zu sagen, ob das Opfer das Geschilderte auch tatsächlich erlebt habe.
Fall könnte erneut Bundesgerichtshof beschäftigen
Der Missbrauch ist erst 2010 – gut vier Jahre nach dem Missbrauch – ans Tageslicht gelangt, nachdem sich das Opfer seiner Mutter anvertraut hatte. Daraufhin wurde P. der Prozess gemacht. 2012 verurteilte ihn das Landgericht Saarbrücken zu sechs Jahren Freiheitsstrafe. Der Bundesgerichtshof (BGH) hob im gleichen Jahr das Urteil wegen angeblicher Verfahrensfehler auf und gab das Verfahren an das Saarbrücker Landgericht zur Neuverhandlung zurück. P. konnte aber erst vergangenes Jahr erneut verurteilt werden, weil ihm schon 2011 von dem selben Psychiater, von dem das aktuelle Attest stammt, Verhandlungsunfähigkeit attestiert worden war. All die Jahre hat er in Freiheit verbracht.
Wie der Anwalt des Opfers, Prof. Christian Laue, mitteilt, geht nun die Revisionsbegründung samt seiner Gegenerklärung und der der Staatsanwaltschaft an den BGH. Dieser muss dann über die Revision entscheiden. „Zunächst wird aber eine Stellungnahme der Bundesanwaltschaft eingeholt“, so Laue. Diese kann die Revision als unbegründet abweisen.
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