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Crime

Missbrauch: Saarbrücker Psychologe (74) verurteilt

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Nach einem drei Monate andauernden Prozess verurteilte das Landgericht Saarbrücken am Freitag kurz nach 11 Uhr den Dipl.-Psychologen Walter P. wegen schweren sexuellen Missbrauchs an Kindern zu vier Jahren und drei Monaten Freiheitsstrafe.

Von Michi Jo Standl

Saarbrücken. Im Fall des wegen schweren sexuellen Missbrauchs an Kindern angeklagten Psychologen Walter P. (74) ist die Große Jugendkammer II des Landgerichtes Saarbrücken im Prinzip dem Antrag der Staatsanwaltschaft gefolgt: Vier Jahre und drei Monate Freiheitsstrafe! Zudem darf er fünf Jahre lang nicht mit männlichen Kindern unter 12 Jahren arbeiten. Das Gericht sieht es als erwiesen, dass P. zwischen 2005 und 2006 einen damals etwa acht Jahre alten Jungen zwei mal missbraucht hat. Während des ganzen Prozesses seit September schwieg der Angeklagte. Auch das Urteil nahm er regungslos entgegen.

Verteidiger forderte Freispruch

Im Raum standen mindestens zehn mutmaßliche Taten, die aber nicht alle bewiesen werden konnten. P.’s Verteidiger Lars Nozar forderte Freispruch. Er sieht den Missbrauch nicht als bewiesen. Nozar sieht in den Aussagen des Jungen, dessen Mutter und in den Aussagen der Therapeutin, mit Hilfe derer das Opfer das Schreckliche verarbeitete, lediglich Indizien. Auch ein verstörendes Buch, in dem P. Pädophilie verteidigt, hält Nozar nicht für einen Beweis.

Urteil im zweiten Anlauf

Der Junge war bei dem Psychologen wegen einer Lese- und Schreibschwäche in Langzeit-Therapie. Der Missbrauch kam erst 2010 ans Tageslicht, nachdem sich der heute Erwachsene, der auch als Nebenkläger auftritt, seiner Mutter anvertraut hatte. Daraufhin wurde P. der Prozess gemacht. 2012 wurde er zu sechs Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Der Bundesgerichtshof hob damals das Urteil wegen angeblicher Verfahrensfehler auf, gab das Verfahren an das Saarbrücker Landgericht zur Neuverhandlung zurück.

Mildernde Umstände

Warum hat die Staatsanwaltschaft dieses mal ein milderes Strafausmaß als 2012 gefordert? Sie berücksichtigte mildernde Umstände! Der Grund: Das Verfahren zieht sich schon so lange hin. Wobei: Der Angeklagte hielt jahrelang ein Attest in Händen, das ihm Verhandlungsunfähigkeit bescheinigte. Schon 2018 sollte der Prozess wiederaufgenommen sollen. Doch dann machte die Überlastung des Gerichtes einem erneuten Urteil einen Strich durch die Rechnung. Der damalige Richter war in einem anderen Verfahren eingesetzt und hatte schlichtweg keine Zeit. In all den Jahren war P. auf freiem Fuß.

Trotz des vergleichsweisen milden Urteils richtete sich der Staatsanwalt schon am Donnerstag in seinem Plädoyer an den Angeklagten: „Sie, Herr P., haben das Leben des Jungen zerstört bis er die Augen zumacht!“

Das Opfer litt lange an einer schweren Posttraumatischen Belastungsstörung und depressiven Störungen, wollte sich durch einen Sprung aus dem Fenster im dritten Stock sogar das leben nehmen. Dank einer Therapie gelang die Rückkehr in den Alltag. Der heute junge Mann engagiert sich in der Freiwilligen Feuerwehr. Sein Ziel: Er will Polizist werden und sagte: „Ich will Menschen helfen.“

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Binnen einer Woche können die Staatsanwaltschaft, der Verteidiger und der Anwalt der Nebenklage Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen.

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Michi Jo Standl
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